Womanhood unfluffed – by Nadja Brenneisen

Was dir niemand über den Notkaiserschnitt erzählt
Wer schwanger ist, bekommt viele Geschichten über den Notkaiserschnitt zu hören. Dabei handeln die meisten dieser Geschichten von keinen echten Notfällen.
Long Story short: Dass die allermeisten Menschen, die erzählen, einen gehabt zu haben, keinen hatten. Wieso ist das so? Weil das Wort “Notkaiserschnitt” emotional besser passt.
Aber von Anfang an…
Wer schwanger ist, der bekommt ungefragt haufenweise Informationen. Darüber, welchen Sport man am besten jetzt betreiben solle, wieviel Gewicht man zunehmen dürfe und ungefilterte und traumatische Geburtsgeschichten.
Ganz davon abgesehen, dass eine Frau, die zum ersten Mal ein Baby bekommt, oft genügend eigene Ängste mit sich herumträgt, rate ich als Doula und Geburtsvorbereiterin auch davon ab, sich solche Geschichten anzuhören, weil sie oft falsche und verzerrte Information vermitteln. Viel Falschinformation wird über den Notkaiserschnitt verbreitet.
In meinen Yoga Mama Kursen erzählen Teilnehmerinnen sehr oft von ihren Freundinnen, die eben einen Notkaiserschnitt hatten und fragen, wie sie einen ebensolchen vermeiden können. Teilweise treffe ich auch Zweitgebärende, die meinen Kurs machen, weil ihre erste Geburtserfahrung ein Notkaiserschnitt war, wie sie berichten.

Tatsächlich beläuft sich die Notkaiserschnittrate auf etwas unter einem Prozent. Das bedeutet, dass etwa 0.8% aller Gebärenden tatsächlich einen solchen notfallmässigen Kaiserschnitt benötigen.
Wieso also sprechen so viele Frauen davon, einen Notkaiserschnitt gehabt zu haben?
Neben dem geplanten Kaiserschnitt gibt es noch die sekundäre Sectio, also den Kaiserschnitt, der zwar nicht erwünscht oder geplant, aber im natürlichen Geburtsverlauf irgendwann als notwendig oder vernünftig erscheint. Viele Frauen wünschen sich eine natürliche Geburt und bereiten sich dementsprechend vor. Doch im Spital will dann irgendetwas nicht ganz so, wie sie. Einer der häufigsten Gründe für einen sekundären Kaiserschnitt ist der Geburtsstillstand. Ein Geburtsstillstand bedeutet, dass die Geburt plötzlich nicht mehr voran geht, dass sich zum Beispiel der Muttermund einfach nicht weiter öffnen will oder dass sich das Kind nicht mehr weiter ins Becken senkt.
Meiner Meinung nach kann relativ viel unternommen werden, um so eine Geburt wieder in Gang zu bringen. Oft hilft Ruhe und Entspannung – die Grundvoraussetzung für das Loslassen und sich Öffnen. Dennoch gibt es Situationen, in der es der Gebärende geraten wird, die Geburt per Kaiserschnitt zu beenden. Vielleicht ist die Frau schon so erschöpft, dass es keinen Sinn mehr macht weiter zuzuwarten. Vielleicht sind die kindlichen Herztöne nicht mehr optimal. Es gibt viele Gründe, weshalb also einer Frau, die sich eine natürliche Geburt gewünscht hat, nun geraten wird, diese Geburt per Sectio zu beenden.

Ich erlebe diesen Moment oft als einen der emotionalsten Momente einer Geburt. Die Gebärende hat sich monatelang auf eine natürliche Geburt vorbereitet. Sie wünscht sich von Herzen, dass ihr Kind möglichst interventionsarm auf die Welt kommen darf. Sie hat möglicherweise schon Stunden Wehen veratmet. Und plötzlich ist alles vorbei. Scheint umsonst gewesen zu sein (was es nicht war. Jede Wehe ist gut für das Kind und bereitet es auf die Welt vor). Für viele Frauen bricht eine Welt zusammen.
Die Entscheidung, nun einen Kaiserschnitt zu machen, fühlt sich dramatisch an. Das Wort Notkaiserschnitt entspricht dem inneren Leid deutlich besser, als der Begriff sekundäre Sectio.
Notkaiserschnitt. Das Wort hilft vielen Frauen, die Verantwortung für den Eingriff abzugeben. Bei einem Notfall, da kann man schliesslich nicht mehr mitbestimmen, da geht es um zu viel.
Ich wünsche mir, dass wir mehr darüber sprechen, dass auch sekundäre Sectios für viele Frauen schlimm und teilweise sogar traumatisch sein können. Dass es weniger darum geht, wie die Geburt von Aussen bewertet wird, dass egal ist, was in einem Geburtsbericht steht. Stattdessen zählt, was eine Frau innerlich erlebt. Wie sie sich während und nach einem Eingriff fühlt. Man weiss heute, dass die meisten Frauen, die ein Geburtstrauma erlebt haben, nicht zwingend eine aus medizinischer Sicht aussergewöhnliche Geburt gehabt haben müssen.
Der Notkaiserschnitt ist dagegen ein Kaiserschnitt, bei dem es oft um Leben und Tod von Mama oder Kind geht und bei dem es vor allem um eines geht: Dass es schnell geht. Im Unterschied zur sekundären Sectio wird deshalb hier die Frau nur noch minimal darüber aufgeklärt, wie der Eingriff nun ablaufen wird und dann meistens in Vollnarkose versetzt. Der Notkaiserschnitt geht schnell: Etwa 5–10 Minuten sollte das Baby hier auf der Welt sein.